„Ich bin mit Liebe groß geworden“ – Warum die Hanauerin Dr. Maria Haas-Weber eine besondere Medizinerin ist

Arbeitspensum von 60 Wochenstunden kommt, denn auch noch? „Ich lese einfach gerne“, sagt Hanaus wohl profilierteste Ärztin, „immer mal wieder ein, zwei Stunden.“ Neben vielen Romanen sind auch Werke zu sozialen oder gesellschaftlichen Themen darunter, etwa der unter dem Titel „Haltung“ von der Kolumnistin Mely Kiyak verfasste „Essay gegen das Lautsein“ oder Bascha Mikas Streitschrift „Mutprobe“.

Literatur und Lesen sind ein idealer Gesprächseinstieg. Wer sich mit Maria Haas-Weber unterhält, erlebt eine eloquente, tiefsinnige und unprätentiöse Gesprächspartnerin. Und er landet schnell beim Thema Sterben; oder besser beim Thema Leben. Denn die 71-jährige ist nicht nur Allgemein-, sondern auch Palliativmedizinerin, Gründerin und Vorsitzende des seit 20 Jahren bestehenden Fördervereins Palliative Patienten-Hilfe Hanau. Haas-Weber gilt als „Pionierin der Palliativversorgung im Landkreis“, sagt Susanne Simmler, Erste Kreisbeigeordnete, über die Frau, die sich so viel Zeit für ihre Patienten nimmt wie kaum eine andere Medizinerin, die die letzte Lebensphase von Menschen in den Fokus rückt und die viele Projekte initiert hat: Das reicht von der Verbesserung der Versorgungssituation über sogenannte Palliativ-Oasen in Altenheimen, ein Team der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, bis zum Pflegestützpunkt des Main-Kinzig-Kreises und das Expertenteam Palliative Pflege.

Für all das steht Maria Haas-Weber mit ihrer einnehmenden und empathischen Art. „Ich mag Menschen“, sagt sie. Wer mit ihr zu tun hat, merkt schnell, dass das alles andere ist als eine Floskel, sondern eine herzliche Grundhaltung.

Die basiert auf ihrer Vita: Aufgewachsen in einem katholisch und sozial geprägten Elternhaus in der Rhön (Haas-Weber: „Ich bin mit Liebe groß geworden.“), muss die Älteste von sechs Geschwistern nach dem Tod der Mutter früh Verantwortung übernehmen. Verantwortung ist ein Begriff, den Haas-Weber im Gespräch mehrfach erwähnt. Aber keineswegs als Bürde oder Last. Für sie ist er positiv besetzt: Verantwortung übernehmen für sich – und für andere.

Von der Rhön zieht es die junge Frau zum Medizinstudium nach Berlin. Dort findet sie engen Bezug zur 68er-Bewegung. Auch das bleibt prägend. Die Kindheit auf dem Rhöner Bauernhof und die Berliner Freiheit der Sechzigerjahre – was auf den ersten Blick widersprüchlich anmutet, wird bei Maria Haas-Weber quasi zu einer Melange aus dem Besten dieser beiden Welten.

1986 kommt die Ärztin nach Mittelbuchen, eröffnet eine eigene Praxis, von einigen zunächst beargwöhnt. Aber schnell spricht sich herum, dass diese Medizinerin irgendwie anders ist. Sie sieht in ihren Patienten nicht nur den Husten oder die Rückenschmerzen, sondern den ganzen Menschen, nimmt sich viel Zeit, diagnostiziert sorgfältig. Das schaffe großes Vertrauen und beschert ihr viel Zulauf.

Noch immer praktiziert Haas-Weber, mittlerweile mit mehreren Kollegen in einer Gemeinschaftspraxis, sie engagiert sich im Förderverein, akquiriert beachtliche Spendemittel und betreut Menschen im Hospiz.

Viel zu oft werde beim Blick auf die Palliativmedizin nur das unausweichliche Sterben gesehen. Dabei sei die Palliativbetreuung „positiv besetzt und lebensbejahend“. Es sei ihr wichtig, das noch stärker zu vermitteln, sagt Haas-Weber. Sie hat noch viele Ideen. Aufhören ist kein Thema. „Ich werde immer arbeiten. Das ist meine schönste Freizeitbeschäftigung.“

Wenn ihr eigenes Ende kommt, dann soll das nicht plötzlich sein, wünscht sie sich. „Ich möchte Zeit haben, mich von meinem Leben zu verabschieden.“ Und sie will ihren Patienten danken. Mit einem Flugblatt. Eine Reminiszenz an die 68er-Zeit.

Heute indes geht ein besonderer Dank an die besondere Medizinerin. Maria Haas-Weber wird in Wiesbaden mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Eine Ehrung für die Ärztin, die „im Ungang mit Menschen immer herzlich und im Umgang mit Institutionen oft wohltuend unkonventionell ist“, sagt Oberbürgermeister Claus Kaminsky. Die Auszeichnung mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland sei ein aufrichtiges Dankeschön der Gesellschaft und eine längst verdiente Ehrung von Haas-Webers Leistungen im Sinne der Menschlichkeit.

Vorheriger Beitrag
Zukunftsweisendes Projekt – Stiftung unterstützt Palliative Patienten Hilfe
Nächster Beitrag
Verdienstkreuz für Hanauer Medizinerin

Archiv